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Das profilax®-Modell

Von E. Post, Dr. W. Schupp
 

Zur ganzheitlich-präventiven Arbeit in der Ergotherapie seit 1998

Sichtweise:            holistisch – systemorientiert (dem Paradigmenwechsel folgend)

 
Grundhaltung:       Personenzentrierte achtsame Interaktion [eigenzentriert

                                (Therapeut), klientenzentriert] 

                              Ganz-heitlich im Gegenteil zu teil-heitlich

                              Der Klient wird als Co-Therapeut angesehen

                              Decision Making: Kollegiales Abstimmen der Therapieziele

                              Schließen eines Arbeitsbündnisses mit Zielbestimmung


Aufbau:                  Internale Ebenen A – G [bunt] (die Person betreffend). Bei der Befundung

                                und der therapeutischen Arbeit liegt hier der Fokus

                              Externale Ebene H [grau] (Umweltfaktoren). Die Dynamik bezüglich der 

                                Umwelt und der Person selbst dient als


                                1.  Feedback für effektive therapeutische Arbeit auf den internalen Ebenen
                                2.  Als Maßstab für das erreichte Ziel des Klienten

                              Zwischen allen Ebenen besteht eine zirkuläre Interaktion

 
 

Die profilax-Pyramide zur Erklärung des Modells

Zuordnung:

Empirische Entstehung des Modells in Deutschland, beeinflusst durch westliche und östliche Therapiemodelle (CMOP, MOHO, Kawa-Modell). An der Evidenzbasierung wird gearbeitet mit einer evaluativ-prospektiven Studie im matched-pair Design, ICF-ausgerichtet.
 
Ziele (für Klient UND Therapeut):
 
1.    Optimale und dauerhafte 'participation' auf allen Basisebenen
2.    Optimale und dauerhafte 'quality of life' auf allen Basisebenen
 
Beide Ziele sind interaktiv und bedingen sich gegenseitig. Sie sind individuell und für jeden Menschen anders in Bedeutung, Gewichtung und Ausmaß. Betätigung ist ein Weg, 1. und 2. zu erreichen und kann auch als Unterziel betrachtet werden.

Das profilax®-Modell arbeitet auch noch mit anderen Aspekten zur ganzheitlichen Zielerreichung als Betätigung, je nach Basisebene. Es bedient sich dabei verschiedener Theorien aus der Humanpsychologie, Systemtheorie, Integrativen Medizin (IM) u.a.
 
Das optimale Wohlbefinden auf allen Basisebenen einer Person ist die Grundlage der beiden Ziele. Das dauerhafte Erreichen beider Ziele ist nur möglich, wenn der Lebensfluss in einer harmonischen Bewegung ist, welches bedeutet, dass alle Basisebenen ausbalanciert und dynamisch, d.h. nicht blockiert sind.

Partizipation und Lebensqualität sind also das Ergebnis ausbalancierter Basisebenen. Bei Nicht-Participation oder reduzierter quality of life sind eine oder mehrere Basisebene(n) blockiert.
 

Besonderes Merkmal:

Ganzheitliche Prävention fängt beim Therapeuten an (Eigenprävention). profilax® ist ein menschliches Modell und kann  
 
   für das Selbstcoaching / die Selbstheilung des Therapeuten und des Klienten
   für die Bestimmung von Ressourcen und Defiziten
   für die Förderung von Enablement und Empowerment
   zur Befundung
   zur therapeutischen Intervention

   zur Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention

verwendet und eingesetzt werden.
 

Therapeutischer Prozess:

Das Symptom bzw. die Erkrankung eines Klienten werden auf einer oder mehreren der internalen Basisebenen (A-G) zugeordnet. Der Therapeut begegnet dem Klienten mit seinen persönlichen Fähigkeiten und qualifizierten therapeutischen Tools, führt ihn so schnell als möglich auf diejenige(n) Basisebene(n), auf der der ursächliche Kern des Problems/der Störung liegt bzw. vermutet wird. Dieser die Lebensbalance störender Kern wird, wenn möglich, aufgelöst. Der Weg dorthin ist der therapeutische Prozess, der in Form der personenzentrierten Interaktion stattfindet.  Hat der Klient den ursächlichen Kern seiner Erkrankung auflösen können, entspannt sich das Symptom, die Erkrankung bessert sich oder verschwindet und der Klient erfährt zunehmend mehr und mehr Wohlbefinden auf mehr und mehr Ebenen, optimale und dauerhafte participation und quality of life kann erreicht werden. Ist der ursächliche Kern des Problems nicht aufgelöst, bleibt das Symptom, verlagert sich auf andere Bereiche/andere Basisebenen oder verschlimmert sich. 

 
Der Therapeut hat zu jeder Basisebene therapeutische Tools, Methoden, Konzepte zur Verfügung in Bezug auf Partizipation, Aktivität und Funktion. Einige davon sind die ADL's und das Handwerk.
Evtl. werden interdisziplinäre Kooperationspartner benötigt, um alle Basisebenen therapeutisch abdecken und Hand in Hand arbeiten zu können.
 
Die effektivsten Tools sind unserer Erfahrung nach die, die in möglichst vielen Basisebenen eingesetzt werden können und vor allem für die Bearbeitung des ursächlichen Kerns geeignet sind (z.B. das Neurolinguistische Programmieren (NLP)).
 

Assessments:

Nach dem profilax®-Modell wird neben anderen Basisebenen-spezifischen Assessments die Goal Attainment Scale angewendet.
 
Beispiel eines basisspezifischen Assessments: 

profilax-Regler

Die Selbst- und Fremdbewertung als gesund oder krank sind beeinflusst von verschiedenen Faktoren. Da jeder Mensch eine individuelle Vorstellung von gesund und krank hat, ist diese auch in kleinen Abstufungen veränderbar (s.o.).
 
Folgende Vorannahmen stützen das profilax®-Modell:

  Krankheitssymptome sind Botschaften und können im therapeutischen Prozess positiv
    genutzt werden.
  Sich gesund und krank zu fühlen sind Prozesse, die sich gegenseitig beeinflussen.
  Die zeitliche Komponente, gesünder zu werden, ist individuell.
 
Dieser Systemansatz ermöglicht eine sehr ausgeprägte klientenzentrierte und effektive Behandlung.

 

 

Vorgehensweise:

Beim profilax®-Modell wird das therapeutische Modul Betätigung nicht explizit sondern optional eingesetzt. Hier erweitert die Ergotherapie ihre Anwendungsmöglichkeiten und beschränkt sich nicht mehr nur auf das Einsatzgebiet Betätigung. Diese Vorgehensweise folgt dem Paradigmenwechsel und bestätigt die holistisch-systemische Sichtweise.
Neben Betätigung sind also auch andere Methoden zur Zielerreichung im Einsatz:

a)  Betätigung ermöglicht participation und quality of life. Das ist die für die Ergotherapie  
     vertrauteste und alt bewährte Vorgehensweise.
 
b)  Die Auflösung des ursächlichen Problems auf den internalen Basisebenen ermöglicht
     participation und quality of life. Das ist eine neue, breit angelegte erweiterte Vorgehensweise,
     die eine Spezialität für das profilax®-Modell darstellt und von ausgebildeten profilax®-

     TrainerInnen bevorzugt wird.
 
c)  Das Schaffen von Wohlbefinden auf allen Basisebenen ermöglicht participation und quality of life.
     Das ist eine Vorgehens- und Betrachtungsweise, die im asiatischen Raum bekannt ist und z.B. im
     Kawa-Modell angewandt wird.
 
d)  Andere Vorgehensweisen. Alles ist möglich! Wer heilt, hat recht (Carel Bobath).
 

Zielerreichung profilax

Es wird dasjenige Modul (a-d) gewählt, was am schnellsten, vollständigsten, dauerhaftesten und leichtesten zur Zielerreichung führt. Da die Ziele und Persönlichkeiten sehr individuell sind, kann aber muss Betätigung nicht unbedingt das Mittel der Wahl sein. Hier benötigt die Ergotherapie eine neue Identität.
 

Identität der Ergotherapie ab dem Jahr 2008:

Die neue selbstbewusste Identität der Ergotherapie (ET) besteht darin, eine Großzügigkeit und Weite im therapeutischen Prozess zuzulassen. Während die Ergotherapie in den letzten 20 Jahren mit viel Engagement berechtigt dafür gekämpft hat, sich in Bezug zu anderen Berufsgruppen abzugrenzen und wissenschaftliche Pfeiler zu setzen, scheint sich ein neuer Paradigmenwechsel anzukündigen. Ganzheitlichkeit und Prävention sind eine Notwendigkeit geworden, die Umsetzbarkeit kann jedoch nur mit einem Umdenkprozess realistisch vollzogen werden. Der holistisch-systemisch-gegensätzliche Paradigmenwechsel für profilax®-Anwendende bedeutet, dass die ET nicht länger Betätigung als Erkennungsmerkmal aufrecht erhalten muss. Ihre Identität entsteht vielmehr aus dem professionellen systemisch-ganzheitlichen Hintergrund, der evidenzbasiert und empirisch hinterlegt wird und der sie eher mit anderen Heilberufen verbindet als notwendigerweise unterscheiden muss.
 
Die ET kann sich von dem Grundgedanken lösen, dass Betätigung das Allheilmittel darstellt. Neu ist die Betrachtung, dass durch Betätigung sogar Krankheit entstehen kann und bei manchen Erkrankungen Betätigung kontraindiziert ist (z.B. bei Burnout-Syndrom). Hier darf sich in Zukunft die Ergotherapie mehr und mehr eine Differenzierung erlauben.
 
Die vergangenen Jahre waren aber notwendig und bedeutend, um sich den Mut für diese neue Großzügigkeit in Grundidee und Vorgehen der ET anzueignen. Diese Großzügigkeit haben uns schon andere Länder voraus wie z.B. die Niederlande mit der Integrativen Medizin (IM) und Japan (siehe auch das Kawa-Modell).
 

Heilungsprozess:

Im dynamischen Prozess der Heilung kann sich der Klient mehr und mehr betätigen und am Leben partizipieren.  Der Spiegel (Feedback) eines gelungenen Heilungsprozesses (durch alle ausbalancierten Basisebenen) ist die dynamische und erfolgreiche Interaktion mit der Umwelt (Ebene H). Der Therapeut erlebt dies als therapeutischen Flow.

 

Weiterführende Informationen:

  Wissenschaftliche Arbeiten finden Sie hier
  Hier kommen Sie zum Weiterbildungsrogramm
  Definition der profilax®-Ebenen
  Entstehungsgeschichte/Historie
  Fallbeispiele